Montag, 29. August 2011

Meine Reise mit den AA's

Bevor jeder - vor allem meine Familie - befürchtet, ich sei mit einer Gruppe anonymer Alkoholikern unterwegs gewesen, möchte ich zuerst einmal den Titel aufklären: Bei AA's handelt es sich um "ahnungslose Ärzte", kurz AA. Genau genommen waren es drei, Co*, Ve* und Cy* (*Namen der Redaktion bekannt). Während der Reise mit meinen neuen Reisebegleitern wähnte ich mich völlig sicher. Komme was da wolle, mir konnte nichts passieren, denn drei Ärzte waren mit dabei. Nach einigen wenigen Gesprächen kamen wir VIER (also nicht mein alleiniger Gedanke) auf die Erkenntnis, dass man sie wohl eher ahnungslos nennen sollte. Ahnunglos, weil sie ja noch in der Ausbildung waren. Ich hörte also auf, mich allen Kolumbianern als die glücklichste Person auf Erden vorzustellen (zum Glück passierte trotzdem nichts).

Trotzdem versicherten wir dem Paraglide-Partner/Guide von Co, dass sie Ärztin sei, sie ihm bei einem Absturz also sofort professionelle Hilfe zuteil werden lassen könne. Ich habe keine Ahnung, ob er sich trotzdem (oder gerade deswegen) bekreuzigte. Den Gleitschirmflug in San Gil haben beide, und auch ich, lebend überstanden. An dieser Stelle noch einen speziellen Dank an Mam, Steven und Corinne für den atemberaubenden Flug im "Chicamocha Canyon". Den Flug haben sie mir zum zwanzigsten Geburtstag geschenkt - also erst kürzlich.

Für die fünfstündige Wanderung im Parque Tayrona an der Karibikküste wurden wir vom Reiseführer (Buch) vorgewarnt: Achtung giftige Schlangen! Diese Warnung überlas ich gerne, denn ich hatte ja meine persönliche Ärztin Co dabei.  Da hiess es wohl eher: Achtung Schlangen! Yvonne ist mit AA in Anmarsch. Sie hielten sich an die Warnung, denn die Wanderung durch den Nationalpark mit Urwald und riesen Steinen bei über 30 Grad verlief ohne Zwischenprobleme. Den ärztlichen Rat, sich nach der schweisstreibenden Marschleistung sofort ins lauwarme Karibikmeer zu stürzen,befolgte ich noch so gerne. Leider kam das Anstehen für die letzte Hängematte dazwischen.Wegen der Überanstrengung am ersten Tag schonten wir unsere Körper die restlichen Tage und taten nichts ausser sonnen, baden, lesen und Portugiesen beim Fischen mit Schnorchelausrüstung und dem Wegrennen vor Horseflies zuzuschauen.

Beim erstenmal Tauchen in meinem Leben fühlte ich mich zwar fit genug. Meine persönliche Ärztin Co hielt es aber für angebrachter mich noch zu begleiten, falls aggressive Tiere es auf mich absahen. Gemäss PADI-Lehrbuch gibt es die zwar nicht, aber sicher ist sicher. Die Schildkröte war zum Glück gechillt drauf und sah uns nur gelangweilt zu, wie wir gegen zwei Strömungen im Meer vor Taganga/Parque Tayrona kämpften. Leider konnte alle meine Ärzte meinen Tauchlehrer nicht davon abhalten, bei jeder Tauchpause zu rauchen oder kurz zuvor sich noch ein paar Bierchen zu genehmigen. Die Deutschen halt ;)
In der Kolonialstadt Cartagena an der Karibikküste, verwiesen mir meinme drei persönlichen AA’s ein Schlammbad im Vulkan Totuma. Das darin enthaltene Sulfat, Phosphor und Magnesium solle sehr heilsam für meine sonnengebräunte Haut sein. Sie hatten Recht.

In der Grossstadt (ehemaligen Drogenhochburg) Medellín gab es für die Ärzte ohne Ahnung keine Arbeit. Denn ich unternahm mit meinem Schwesterherz Corinne eine "Wanderung" im Nationalpark Arvy. Wir freuten uns riesig auf Natur, Stille, Wald und Erholung. Naja, der Weg dahin war wirklich spektakulär. Die Stadtgondel entführte uns in die Berge und lieferte uns im tiefen Wald ab. Aber leider erwartete uns kein Abenteuer im Rotkäppchen-Wald Kolumbiens, sondern geteerte Strassen und Führer für eineinhalbstündige Wanderungen im Schneckentempo. Wir stürmten der sich mit 3 km/h fortbewegenden Gruppe und einer tiefschnaufenden Führerin davon. Die hatten Angst wir hätten uns verlaufen (es gab nur 3 Wege), weil wir nach ihnen ankamen. Sie haben wohl noch nie was von Meditation im Wald gehört, gell Coco ;)
Die saubere Luft hat uns gutgetan und nach dieser anstrengenden "Wanderung“ und wegen dem Frühaufstehen nach einer langen Tanznacht, belohnten wir uns mit einem Schokoladen-Fondue bei Crepes&Waffles und frühem Bettgang.

Statt geplanter Kaffeezone gabs dann noch eine Pablo Escobar-Tour in Medellín. Eine hochinteressante Tour, die ich jedem emfpfehlen kann, der sich für Geldwäscherei, Drogen oder die Geschichte Kolumbiens interessiert. Es gab Informationen über den weltgrössten Drogenbaron – 90% der Drogen in Amerika kontrollierte sein Medellín-Kartell -, den dazumaligen Krieg in Kolumbien und die heutige Drogensituation. Uns wurden einige seiner Immobilien (alleine in Medellín 500) gezeigt und darauf hingewiesen, dass er sich mit der Farbe weiss einen Spass erlaubte. Alle seine "Häuser" waren weiss wie das Kokain (in Medellín ist sonst alles ziegelrot). Weiter wurden wir aufgeklärt, dass alle beschlagnahmten Immobilienwerte leerstehen, damit die Staatsverwaltung ja kein Geld an das Volk abgeben muss. Pablito wollte sogar als 2. Kongress in Kolumbien das Kokain llegalisieren. Seine Erfindung war es auch, U-Boote gefüllt mit 3 Tonnen Kokain an Schiffe anzudocken und so unbemerkt an Radaren (nur ein Objekt) vorbeizuschmuggeln – diese Methode wird noch heute angewendet. Nach Pablo Escobars Erschiessung im 1993 – sehr makabere Fotos – wurde es mit den Drogen nicht besser, das Paramilitär (= für das Militär) übernahm seine Stellung. Mit diesen brisanten Informationen verliessen wir Medellín und kehrten nach Bogotá zurück.

Alles in allem war es eine wunderschöne Reise, die ich drei speziellen Personen (Corinne Furrer, Vera Hürlimann und Cyrill Rütsche) verdanke. Sie waren meine Reisebegleiter und haben sich als Ärzte ohne Ahnung jeden Tag für meine Gesundheit und mein Wohlergehen eingesetzt. Für sie ist die Reise leider zu Ende. Für mich hiess es wiedereinmal Abschied nehmen. Aber nicht für lange... Bereits in 3 ½ Monaten sehe ich sie wieder. Bis dahin gehts für mich weiter nach Kuba und Puerto Rico, wo hoffentlich weitere Abenteuer auf mich warten.

Wer sich jetzt noch fragt, wie ich mir drei persönliche Ärzte als Reisebegleiter leisten konnte, dem muss ich beichten: Ich bin nun blank. Wer also eine kleine Spende leisten möchte, dem gebe ich gerne meine Bankverbindung an (bald ist ja mein Geburtstag ;) Wenn es sein muss, kann ich auch mit einem Sponsoren-T-Shirt rumlaufen.

Spass beiseite: Saludos desde Colombia

Ivonne



Fotos zum Reisebericht siehe unter:



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